A U M – OM – A: Das Wachsein

Was war, was ist, was sein wird –
das alles ist der Klang OM.
Und was jenseits der drei Zeiten ist –
auch das ist der Klang OM.

Mandukya Upanishad

Die heilige Silbe OM ist der Urlaut der Welt, die Schwingung der Schöpfungsenergie. Aus ihr heraus hat sich die Welt entfaltet. Das OM besteht aus den drei Silben A U M, die die Dreiheit symbolisieren: Wachen, Träumen und Tiefschlaf, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Drei ist die Zahl der Welt, die Zahl der Vielfalt. Drei Wände ergeben keinen Raum, erst die vierte Wand schließt das Offene und schafft eine Einheit.

Vier Füße hat unser Bewusstsein, so sagt die Mandukya Upanishad in ihrer bildhaften Sprache: Das Wachsein, den Traum, den Tiefschlaf und turiya, das vierte. Der vierte Bewusstseinszustand umfasst alle anderen, ist aber auch das, was darüber hinausgeht, was jenseits der drei Zeiten ist – das OM. In dieser vierteiligen Serie stellen wir die vier Füße des Bewusstseins vor:

A – Das Wachsein

“Der Stand des Wachseins weiß um das Außen.
Mit sieben Gliedern und fast zwanzig Mündern
geniesst er das Grobe.
er heißt vaisvanara: der allen Gemeinsame.
Das ist der erste Fuß.”

Der erste Fuß steht für das Wachsein und die physische Ebene. Wir betreten diesen Zustand, wenn wir geboren werden, wenn wir morgens aufwachen und in die Welt gehen. Im Wachsein haben wir eine Ich-Identität und erfassen die Welt mit den Sinnen. Mit sieben Gliedern und fast zwanzig Mündern geniessen wir das Grobe: Die sieben Glieder und fast zwanzig Münder spiegeln die Unersättlichkeit der Sinne. Mit den Augen essen wir das Sichtbare, mit den Ohren das Hörbare, mit der Nase das Riechbare, mit der Zunge das Schmeckbare, mit der Haut das Tastbare und mit den Verstand das Denkbare. Das Grobe ist alles, was wir mit den Sinnen wahrnehmen und empfangen können.

Der Wachzustand ist allen Menschen gemeinsam (vaisvanara). Während das Wachsein in der westlichen Welt als Maßstab aller Dinge gilt, spiegelt es in der indischen Philosophie die äußerste und gröbste Hülle von brahman. Das Sinnliche ist die Hülle des Geistes, nicht der Kern. Wenn wir das A chanten, verbinden wir uns mit dem Anfang, mit dem Körper, mit der Erde. Der erste Ton ist der erste Schritt, der Anfang. Doch wir müssen weiter schreiten und können nicht anders als weiter zu schreiten. Jeden Tag fallen wir aus dem Wachsein heraus in den Traumschlaf, den zweiten Bewusstseinszustand.

Im März geht es weiter: U – Der Traumschlaf

About the author: Julia Johannsen

Julia unterrichtet Yoga seit 2002 und ist inspiriert vom 5Rhythms dance und Prana Flow Yoga. Sie schreibt als Autorin für verschiedene Verlage und Magazine und arbeitet in einem kleinen Team in Berlin als Body- und Life-Coach.

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