“Der Stand des Traumschlafs weiß um das Innen.
Mit sieben Gliedern und fast zwanzig Mündern
geniesst er das Feine.
Er heißt taijasa: Der Glänzende.
Das ist der zweite Fuß.”
U – Der Traumschlaf
Wachsein und Traum haben etwas gemeinsam: Mit sieben Gliedern und fast zwanzig Mündern sind beide unersättliche Geniesser. Das Wachsein geniesst das Grobe und Sinnliche, der Traum geniesst das Feine und Glänzende. Fein ist die innere Welt, glänzend die Fantasie, mit der der Träumer von einer Identität in die andere schlüpft und dies und jenes ausprobiert. Im Traum gibt es keine Grenzen. Der Träumende kann alles sein, er ist zugleich Jäger und Gejagter, Mann oder Frau, Opfer oder Täter. Während der Körper, das Grobe in uns, schwer im Bett liegt, erschafft das Bewusstsein des Traumes unzählige Wesen und Welten. “Das war nur ein Traum. Das ist nicht wirklich”, denken wir am Morgen und es stimmt. Aber ebenso ist das, was wir Wirklichkeit nennen, ein Traum. Der Verstand selbst ist einer der zahllosen Träume, die Maya, Gottes schöpferische Energie, träumt.
Der wachende Mensch ist ein Wünschender. Er sehnt sich nach Vereinigung, weil er in den Grenzen der äußeren Hülle gefangen ist. Der träumende Mensch wünscht nicht, sondern identifiziert sich. Er sehnt sich nach der inneren Welt, in der er sich auflösen und zu allem werden, alle Möglichkeiten ausschöpfen kann. Der Traumzustand ist eine Quelle der Inspiration und Heilung für den östlichen Menschen, den Künstler, den Spirituellen. Der Traum ist ein Vermittler zwischen dem ersten und dem dritten Fuß des Bewusstseins, zwischen Wachsein und Tiefschlaf. Wer das U kennt, kennt auch das A und das M. Wenn wir das U chanten kommen wir höher als im A, aber wir sind noch nicht angekommen, wir sind in der Mitte. Das U fliesst weiter und löst sich auf im M, dem Tiefschlaf.
Im April geht es weiter: M – Der Tiefschlaf